Das 900 Jahre alte Várvölgy im zauberhaften Tal zweier Burgen

Am Fuße der westlichsten Hängen des Bakony Gebirges, nur 15 Kilometer von den beliebten Touristendestinationen am Plattensee entfernt, liegt wie auf einem Gemälde, die zauberhafte Ortschaft Várvölgy.

 

Für Burgliebhaber dürfte der sprechende Name des Dorfes kein großes Rätsel sein, denn sie müssten so ungefähr wissen, wo zwei Burgruinen am Plattensee auf ein Dörfchen, das auf Ungarisch „Burgtal“ heißt, hinunterblicken könnten. Bewohner dieser entzückenden Ortschaft, umgeben von bewaldeten Hügeln, dürfen sich an dem Anblick der Burgruine Rezi erfreuen, die als kleine Krone auf dem Meleg-Berg das Panorama in Richtung Westen bestimmt, und blicken in nördliche Richtung auf den winzigen Berg Tátika, wo einst auch eine Burg stand.

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

Viele, die aus Keszthely durch Zalaszántó nach Sümeg unterwegs sind, fahren direkt an Várvölgy vorbei, aber auch wenn man aus Richtung Tapolca die Westspitze des Plattensees ansteuert, lohnt es sich, den schlängelnden Weg durch entzückende Weinberge zu nehmen und in Várvölgy mal anzuhalten.

Das Tausend-Seelen-Dörfchen feiert dieses Jahr sein stolzes 900 jähriges Jubiläum, was bei seiner Lage auch kein Wunder ist. Bewohnt ist die Gegend schon sehr viel länger, die erste urkundliche Erwähnung in Form von „Sid“ tauchte jedoch erst 1121 auf. Was das wohl mit dem Dorf Várvölgy zu tun hat? – könnte man jetzt berechtigt denken.

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

Faszinierend ist, dass die Anwohner sich auch heute noch als „zsidi“ bezeichnen, mit dem –i, das die Herkunft von einem Ort andeutet. Und die Ortsbezeichnung stammt aus der alten ungarischen hydrografischen Bezeichnung für “Bach”, das einst „séd“ hieß. Aufrecht erhalten blieb das Wort nur noch in geografischen und hydrologischen Eigennamen, für den heutigen Sprecher nicht mehr nachvollziehbar – in Veszprém, der Stadt der Königinnen, gibt es ein Bach, das so heißt, dafür wird in Várvölgy ein Bach, das anders heißt, immer noch als „zsidi“, Séd-Bach genannt.

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

Das einstige Zsid hatte im 13. Jahrhundert selbst eine Holz-Erde-Burg, später gehörte die Siedlung zu den Gütern der benachbarten Burg Rezi, und im 15. Jahrhundert, als es gang und gäbe war, wurde sie von König Sigismund an den Gutsherren des naheliegenden Keszthely geschenkt, der vor der Familie Festetics über die damalige Ortschaft mit Wasserburg, und die Burgen Rezi und Tátika verfügte.

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

An Unter- und Ober-Zsid gingen später weder die Pest noch die Türkenkriege spurlos vorbei, aber im 18. Jahrhundert, als die Gegend der Grafenfamilie Festetics gehörte, die in Keszthely ein Prachtschloss bauen ließen, zählte die Siedlung über 500 Seelen, die vorwiegend aus dem Weinbau lebten. Aus Unter- und Ober-Zsid wurde erst 1943 eine einheitliche Gemeinde, die zuerst noch Bakonyzsid hieß.

Heute ist das Dorf dank begeisterten, tatkräftigen jungen Leuten, die gerne im Dorf wohnhaft blieben, äußerst engagiert auf den Gebieten Naturschutz, Traditionen und Tourismus.

Im Rahmen einer landesweiten Ausschreibung zur Förderung und Erhaltung der nationalen Werte hat das Dorf sein eigenes, lokales Wertinventar erstellt.

Dabei geht es tatsächlich um faszinierende Sachen, die einen von den Mauern der Burg Rezi runter ins Dorf locken.

Várvölgy könnte vor allem für diejenigen ein ausgezeichnetes Ausflugsziel sein, die sich für die ungestörte Ruhe und die prächtige, unverfälschte Landschaft begeistern, in der sie gerne wandern. Das kleine Tal, umgeben von geschichtsträchtigen Wäldern ist eine wahre Sehnsuchtsort für die Liebhaber der Natur, der romantischen Burgruinen, wo Fotofreaks und Genussmenschen auch auf ihre Kosten kommen.

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

Von weitem sticht schon zum Beispiel ein charakteristischer kleiner Hügel oberhalb des Dorfes ins Auge, auf dem ein einsamer wilder Birnbaum emporragt. Einst haben hier, mitten im damaligen Weinberg, angeblich legendäre Banditen des Bakony Gebirges, ähnlich wie der Schinderhannes oder Robin Hood gerne gebechert – heute wird der Maibaum des Dorfes hier feierlich aufgestellt und später dann feuchtfröhlich ausgetanzt.

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

Aufgetankt mit den örtlichen Köstlichkeiten vom Dorfbäcker lohnt sich der Weg hierher, denn nirgends anders schmeckt das traditionelle Mehlgebäck Laska [laschka] besser als hier auf der Bank mit dem faszinierenden Blick auf die Berghänge mit den Burgruinen.

Am Berghang weiter nördlich, wo die Weinberge aufhören und der Wald beginnt, wurde bei Bergbauarbeiten die größte Festung Transdanubiens aus der Spätbronzezeit entdeckt – neben einmaligen Bronze- und Goldschätzen kam auch ein europaweit unikales Artefakt ans Tageslicht. Die kleine Skulptur aus gebranntem Ton, die man „Apollo von Várvölgy“ taufte, ist im Balaton Museum von Keszthely ausgestellt.

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

Aber egal, in welche Richtung man den Weg einschlägt, die Wälder um das Dorf herum locken mit unvergesslichen Erlebnissen. Durch die Weinberge, die östlich oberhalb der Ortschaft liegen, schlängelt der Weg durch den Wald, bis man auf der anderen Seite die prächtigste Aussicht auf die Zeugenberge mit dem Plattensee dahinter genießen kann – ein Panorama, das man sich gar nicht vorstellen könnte. Hier steht die absolut ultimative Bank der ganzen Plattensee-Region, auf der man einfach verweilen und versuchen muss, sich an diesem Stück Leinwand Gottes satt zu sehen.

Schon gewusst, dass

  • in der gotischen Kirche aus dem 14. Jahrhundert die zweitälteste, 1524 gegossene Glocke ganz Ungarns läutet?

Foto: Veronika Noé | WunderbaresUngarn

  • die Dorfbäckerei die ganze Gegend mit ihren regionalen Leckereien versorgt?
  • dem Schutzpatron des Dorfes, dem Heiligen Dominikus, der der Legende nach in Armut und Askese lebte, nicht nur das Wappen und die Kirche, sondern auch ein tolles Restaurant mit regionaler Küche gewidmet wurde?
  • der Wald unterhalb der Burg Rezi die Spuren einer taktischen Trainingsbasis der einstigen Ungarischen Volksarmee, unter anderem eine verwilderte Freiluftkino birgt?
  • im Nachbardorf Zalaszántó der größte buddhistische Sakralbau des Landes steht, der als landschaftsfremder weißer Punkt von weitem auf sich aufmerksam macht?
  • man bei schönem Wetter aus der Burg Rezi hinter dem benachbarten Burg Tátika sogar die Burg von Sümeg [schümeg] mit bloßem Auge entdecken kann?
  • im Außenbereich um Várvölgy herum insgesamt 52 Kilometer Außenstraßen und Feldwege durch Akazienwälder, Weinberge, Ackerfelder und Weiden, über Hügeln und Bäche verlaufen, die ideal zum Wandern und eine tolle Auszeit mitten im Schoße der Natur sind?
  • die Wälder hier im Frühling von weitem nach Bärlauch riechen?

Folge uns auf Instagram!

Folge uns auf Instagram!